Die Renaissance entführt uns gedanklich nach Italien und Frankreich. Namen wie Leonardo da Vinci, Michelangelo de Buonarroti, Benvenuto Cellini fallen da ein oder die prächtigen Schlossbauten an der Loire. Der Kunsthistoriker Wilhelm Lübke erkundete Ende des 19. Jhs. die Renaissance in Deutschland und wurde in Schmalkalden mit dem Schloss Wilhelmsburg fündig. Ende des 16. Jhs. war Schmalkalden die zweitgrößte Stadt Hessens, geprägt durch das Montanwesen und eine günstige Anbindung an das Fernstraßennetz.
Es war Landgraf Wilhelm IV. von Hessen – Kassel, der bei Aussterben des Grafenhauses der Henneberger, mit denen die Hessen über Jahrhunderte gemeinschaftlich regierten, die Stadt und Herrschaft Schmalkalden übernahm. Wie konnte er dies besser zum Ausdruck bringen, als mit einem Schlossbau. Die Vorgängerbauten, die Burg Waltaff und das Stift St. Egidii und Erhardi wurden abgerissen.
Zwischen 1585 und 1590 entstand Schloss Wilhelmsburg als ein kompletter Neubau im Stil der deutschen Spätrenaissance mit dem Landgrafen als Bauherren und Architekten. Es ist eine Vierflügelanlage nach französischem Vorbild. Eine klare Geschossführung prägt diesen Bau mit Wirtschaftsräumen im Erdgeschoss, einem Zwischengeschoss für Inventar- und Bedienstetenräume, der Beletage mit Gemachfolgen und Festsälen und ursprünglich einem Dachgeschoss mit den Gemächern für Familie und Freunde.
Die 2. Kasseler Hofbildhauerwerkstatt unter Leitung von Wilhelm Vernukken stattete die Wohn- und Festräume im Stil der niederländischen Renaissance mit Wandmalereien um Tür- und Fenstergewände aus. Ein Höhepunkt neben den Festsälen ist die Schlosskirche, einer der frühen evangelischen Kirchenbauten in Deutschland. Sie beherbergt ein Kleinod, die während der Bauzeit durch Daniel Meyer aus Göttingen geschaffene Orgel, die zu den ältesten spielbaren Orgeln in Mitteleuropa zählt.
Die aus der Bauzeit erhalten gebliebenen Wandmalereien bewahren den ursprünglichen Charakter des Schlosses. Allein der Abriss des Dachgeschosses am Anfang des 19. Jhs. hat das äußere Erscheinungsbild verändert. Was alles eine Schlossanlage im 16. Jhs. ausmachte ist mit den erhaltenen Nebengebäuden und Anlagen nachvollziehbar. Die Wilhelmsburg lädt dazu ein den Landgrafen von Hessen - Kassel einen Besuch abzustatten. In der Ausstellung zum "Schmalkaldischen Bund" begegnet dem Interessierten nicht nur der Vater des Hausherren Landgraf Philipp, sondern dessen Schwester Elisabeth von Rochlitz führt, unterstützt durch Comics, virtuell durch die deutsche und europäische Geschichte des Reformationszeitalters.
Landgraf Wilhelm IV. stellt sich mit seinem Schloss vor und ebenso seine Familie mit Landgraf Moritz. Eine Verbindung zwischen der Renaissance und der Gegenwart stellt der Künstler Wolfgang Nickel mit Glaskunst und Grafiken her. Kleine Gäste können den Geschichten des Schlossgeistes Willy lauschen oder versuchen, die Rätsel des Löwen Kunos zu lösen. Ein Gang durch den im Zuge der Landesgartenschau 2015 rekonstruierten Terrassengarten bietet sich selbstverständlich an. Besuchen sie uns, sei es um eine Ballnacht zu erleben, Orgelklänge zu lauschen, Sommerfilmnächte zu genießen oder einfach über einen mittelalterlichen Weihnachtsmarkt zu schlendern und vieles andere mehr. Das Schloss ist ganzjährig geöffnet